Je besser das Spiel, desto komplexer die Regeln? – Nö.

Regelhefte. Oder manchmal eher treffend: Regelbücher

Fast jeden Tag steckt meine Nase in irgendeinem Regelheft. Um zu verstehen, was die Autoren einer neuen Schachtel voll bunter Spielmaterialen mit mir vorhaben. In welche Welt sie mich schicken, ob ich Schätze sammeln, Aliens entführen oder die Welt retten soll. Fast genauso oft schmökere ich in Regeln, um dabei zu helfen, diese Welten noch mehr Menschen zugänglich zu machen. Dann übersetze ich Regelwerke. Wie viele Seiten hat es denn diesmal? Frage ich meine Kollegen oft, bevor ich die nächste Datei überhaupt öffne. Oft sind es viele.

Bei jedem Spiel gibt es neue Regeln, immer wieder muss man sich in ein neues System eindenken. War das nicht früher irgendwie… besser? Ich erinnere mich an meine Kindheit zurück. Da habe ich auch gespielt, sehr viel sogar. Aber an Regelhefte kann ich mich nicht erinnern. Von meinem  Unospiel waren die Karten irgendwann wunderbar griffig. Auch nach unzähligen Runden und fast ebenso vielen Versuchen, die labbrige Pappschachtel wieder zusammenzukleben, kann ich mich nicht erinnern, dass dieses Spiel je langweilig geworden wäre. Und die Regeln? Standen auf der Rückseite der Schachtel, so einfach war das.

Ich überlege noch ein bisschen weiter: Was ist eigentlich aus den anderen Klassikern meiner Kindheit geworden? Wann habe ich zuletzt Mensch ärgere dich nicht gespielt, oder Mikado?  Überraschenderweise ist das noch gar nicht so lange her. Bei Regenwetter saß ich mit zwei Kollegen auf Dienstreise in einer Ferienwohnung fest. Wir hatten keine Spiele dabei, aber nach ein wenig Suchen fanden wir im Schrank eine dieser alten angestaubten Spielesammlungen, wie sie auch schon meine Oma hatte. Eine Schachtel, 100 Spieleklassiker. Och nö, das olle Zeug. Eine halbe Flasche Wein später sind wir dann verzweifelt genug: her mit den Klassikern.

Alt? Oh ja! Aber auch erstaunlich lustig.

Alt? Oh ja! Aber auch erstaunlich lustig.

Das Leiterspiel, Halma,  Mühle, Mikado. Und ja, am Ende sogar Flohhüpfen. Und es ist alles so simpel. Wir spielen. Wir lachen. Und ja, ich ärgere mich auch ein bisschen über das Würfelglück meiner Mitspieler. Ob in der Schachtel ein Regelheft war? Keine Ahnung, ehrlich. Der Abend wird ein voller Erfolg. Und das liegt auch ein bisschen daran, dass wir nicht ständig innehalten müssen, um nochmal im Regelheft nachzuschlagen. Die Diskussionen darum, wo jemand meint schon mal was zum Thema gelesen zu haben, oder wie das geschriebene denn nun zu verstehen ist, fehlen mir kein bisschen.

Jetzt bin ich natürlich begeisterter Brettspieler. Es ist toll die Möglichkeit zu haben, aus mehr Spielen wählen zu können, als man im Leben spielen kann. Und für so manche Stunde in einer fantastische Welt ist das ausgiebige Regelstudium ein Preis, den ich gern zahle. Trotzdem habe ich beschlossen, ab sofort besser aufzupassen, dass auch die ganz einfachen Spiele im Schrank keine Staubschicht ansetzen. Denn gerade die ganz simplen sind oft die, von denen man nie genug bekommt. Ich wette jeder von Euch kennt die Regeln von mindestens drei Spielen in und auswendig. Wie wärs denn heute mal mit einem regelheftfreien Spieleabend?

Vera

Spielkind, Biologin,Wissenschaftsnerd. Mit Herz, Pinsel und Tastatur an diesem Blog beteiligt.

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