Auf dem Cover prangt ein schwebender Hase, der mit sich im Reinen scheint und darunter der Schriftzug „Lasst uns eins werden…!“ „The Mind ist mehr als nur ein Spiel. Es ist ein Experiment, eine Reise, total einfach und die genialste Team-Erfahrung, die man machen kann.“ heißt es auf der Rückseite der Spielschachtel. Zwar spielt und gewinnt bzw. verliert man in dem Spiel von Autor Wolfgang Warsch gemeinsam, darf jedoch keinerlei Informationen über seine Karten preisgeben, weder verbal noch non-verbal. Zu Recht fragt die Spielanleitung am Anfang „Wie soll das nur funktionieren?“. Eine Antwort darauf gibt sie dann am Ende aber auch noch.
Überblick
Zwei bis vier Spieler werden für dieses „Karten-Experiment“ benötigt, ebenso wie ein klein wenig Platz. Die vom Nürnberger-Spielkarten-Verlag gewohnt kleine Spielschachtel kommt mit insgesamt 120 Karten und einer kurzen Spielanleitung daher. Darunter befinden sich Zahlen, Leben, Wurfsterne und Level.
In The Mind müssen die Spieler eine Anzahl von Leveln überwinden, die von der Anzahl der Spieler abhängt. Um ein Level zu schaffen, müssen alle Karten in aufsteigender Reihenfolge ausgespielt werden. Dabei dürfen keinerlei Informationen über die Karten preisgegeben werden. Stattdessen soll man versuchen die anderen Spieler „zu lesen“, um dadurch den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Damit das Spiel nicht gleich wieder zu Ende ist, haben die Spieler mehrere Leben und einen Wurfstern als Joker.
Konzentration, bitte
Wie angesprochen müssen die Spieler eine Anzahl von Leveln überwinden, um das Spiel zu gewinnen. Zu Beginn eines Levels erhalten die Spieler so viele Karten wie das aktuelle Level angibt. In Level 1 ist das eine Karte, in Level 2 zwei Karten, usw. Vor jedem Level werden alle Karten neu gemischt, sodass sich grundsätzlich jede der Zahlen in den Händen der Spieler befinden könnte. Haben sich alle Spieler ihre Karten angesehen und sind bereit, legen sie eine Hand auf den Tisch, um anzuzeigen, dass sie bereit sind. Gemeinschaftliche Konzentration nennt dies die Anleitung. Für The Mind ist dies essentiell, da es keinen Startspieler und keine Reihenfolge gibt. Ist ein Spieler nicht bereit und die anderen fangen schon an, kann es ganz schnell in die Hose gehen, da man mit seinen Gedanken noch woanders ist. Jederzeit während eines laufenden Spiels, nicht nur zu Beginn eines Levels, kann man diese Konzentration auch wiederholen.
Ebenso kann ein Spieler jederzeit seine Hand heben, um den anderen zu signalisieren, dass man einen Wurfstern einsetzen möchte. Stimmen alle zu, wirft jeder Spieler seine niedrigste Karte ab und auch der Wurfstern wird abgelegt.
Sind wir kompatibel?
Sobald ein Spieler denkt, dass er eine Karte ausspielen sollte, tut er dies einfach. Eine Reihenfolge und einen Startspieler gibt es wie gesagt nicht. Allerdings muss dies immer niedrigste eigene Karte sein und man darf nur eine Karte zur Zeit spielen, nicht zwei oder mehrere Karten gleichzeitig. Möchte man mehrere Karten hintereinander spielen, muss man schnell sein und sie Karte für Karte ausspielen. Doch wann ist denn eigentlich der richtige Moment? Diesen muss man versuchen zu erkennen, indem man die anderen Spieler beobachtet und versucht dadurch Rückschlüsse auf ihre Karten zu ziehen. Lehnt sich jemand zurück, ist es offensichtlich, dass er eher höhere Karten hat und erstmal abwartet. Doch so offensichtlich ist es eher selten.
Wird dann mal eine Karte gelegt, die höher ist als eine der Karten, die einer der Spieler noch auf der Hand hat, unterbricht derjenige Spieler das Spiel. Dann verlieren die Spieler ein Leben und alle Karten, die niedriger sind, als die gerade gespielte Karte, werden abgeworfen. Danach geht das Spiel normal weiter, bis alle Karten gespielt wurden. Haben die Spieler dann noch mindestens ein Leben übrig, haben sie das Level geschafft. Ggf. gibt es jetzt eine Belohnung in Form eines weiteren Lebens oder eines Wurfsterns. Wurden alle Level erfolgreich gemeistert, hat die Gruppe das Spiel gewonnen. Verlieren sie hingegeben alle Leben, hat die Gruppe versagt.
Peer meint
The Mind hat sich für, wie der Name auch schon sagt, den Geist als übergeordnetes Thema entschieden und heftet dem Spiel etwas „Übernatürliches“ an, was natürlich völliger Blödsinn ist. Die Spieler kommen sich nicht auf einer geistigen Ebene näher. Im Gegenteil, ich finde The Mind trägt etwas zu dick auf mit seiner „Reise“ und seiner „genialsten Teamerfahrung“, zieht dies aber fast konsequent bis zum Ende durch. Die Wurfsterne passen für mich jedoch nicht ins Konzept, da sie eine Waffe sind und daher nichts, das einen „geistig“ voranbringt. Über das Thema wurden in unseren Runden auch eher Witze gemacht, als dass es ernst genommen wurde, was den Runden nicht zuträglich war.
Das Spiel möchte, dass man lernt die anderen zu lesen und ein Gefühl dafür bekommt, wann man eine Karte ausspielen sollte. Doch das ist leichter gesagt als getan. Vor allem, wenn die Zahlen dicht beieinander liegen, denn für die Zahl selbst gibt es keine Anzeichen, die man herauslesen könnte. Entsprechend braucht man ein starkes Durchhaltevermögen bzw. eine hohe Frustrationstoleranz, da häufiges Scheitern vorprogrammiert ist.
The Mind ist eins dieser Spiele, die man entweder mag oder nicht. Dazwischen gibt es meiner bisherigen Erfahrung nach nichts. In unseren Runden kam es nicht gut an. Das lag einerseits am nicht greifbaren Thema und andererseits daran, dass man sich gegenseitig keinerlei Hinweise auf seine Zahlen geben darf. Dies endete oftmals darin, dass nach langem Hin und Her dann doch endlich jemand eine Karte ausgespielt, die aber falsch war, da ein anderer Spieler zu lange gezögert hatte. Gefesselt hat es niemanden von uns, eher im Gegenteil.
Pierre meint
The Mind erinnert konzeptionell stark an The Game oder The Grizzled ohne jedoch deren Klasse zu erreichen. Das „Lesen“ der Mitspieler empfand ich stets einfach nur als Raten. Während die vorgenannten Titel mit ihrem punktuellen Kommunikationsverbot (The Game: „Kurze“) bzw. gewissenen offenen Informationen (The Grizzled: Rückschläge) mehr oder weniger dezente Anhaltspunkte für das Blatt der Spieler liefern, sitze ich bei The Mind einfach nur da, gucke wie die anderen dreinschauen und versuche daraus dann etwas herzuleiten. Doch das Ergebnis ist letztlich mit einer Spanne von ein paar Zählern nach oben und unten immer noch Zufall. Eine zerknautschte Stirn kann eine 33 in der Hand des Spielers bedeuten, aber ebenso auch eine 34 oder 35. Mit meiner 37 hätte ich mich also in jedem Fall in die Nesseln gesetzt.
Das Thema ist angeflanscht und könnte auch komplett weggelassen werden. Auch die Wurfsterne wirken thematisch völlig deplatziert. Hinzu kommt, dass ihre schiere Existenz auf mich eher wie eine nachträglich eingeworfene Entschuldigung für den hohen Schwierigkeitsgrad wirkt, anstatt ein integraler Bestandteil des Konzepts zu sein – oder eben als Merkmal, um sich vom viel zu ähnlichen The Game abzuheben.
Auf einen Blick
Spieldesign | Wolfgang Warsch |
Illustrationen | Oliver Freudenreich |
Erschienen bei | Nürnberger-Spielkarten-Verlag, Arclight Games, Brädspel.se, Brain Games, Coiledspring Games, DV Games, FoxGames, Fractal Juegos, GaGa Games, Galápagos Jogos, Game Factory, Ideal Board Games, Kaissa Chess & Games, Lanlalen, Maldón, Mar Lúdico, Mercurio, Oya, Pandasaurus Games, Popcorn Games, Pravi Junak, REXhry, Swan Panasia Co., Ltd., Vennerød Forlag AS, White Goblin Games, YellowBOX |
Erscheinungsjahr | 2018 |
Spieleranzahl | 2–4 |
Spieldauer | ca. 20 Minuten |
Empfohlenes Alter | ab 8 Jahren |
Mechanismen | Communication Limits, Cooperative Game |
Peer
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